"Friesenbild" im Dom zu Münster, Mitte des 13. Jahrhunderts. Im westlichen Querschiff des Doms zu Münster erstreckte sich dieses 8,63 x 2,26 m große Wandbild. Alle Figuren stellen Friesen dar und sind auf den Apostel Paulus ausgerichtet. (Nachzeichnung H. Walde von 1861)
Bereits im 1. Jahrhundert schrieb der Römer Plinius Secundus über den Volksstamm:
"Wir haben auch erwähnt, daß im Morgenland nahe am Ozean mehrere Völker in diesem Mangel leben; es gibt aber im Norden ebenfalls (solche Völker), die wir gesehen haben, nämlich die der Chauken,
die die größeren und die kleineren genannt werden. In ungeheurer Strömung ergießt sich der Ozean dort zweimal bei Tag und bei Nacht in Abständen auf ein unermeßliches Gebiet, indem er das
dauernde Gegeneinander der Elemente verdeckt und die Örtlichkeit des Landes, von der man zweifeln kann, ob sie nicht ein Teil des Meeres sei. Dort bewohnt ein ärmliches Volk hohe Hügel oder von
Menschenhand im Hinblick auf die Erfahrungen mit der größten Fluthöhe errichtete Bühnen, auf die Hütten gesetzt sind. Die Bewohner ähneln Seefahrenden, wenn das Wasser die Umgebung deckt,
Schiffbrüchigen aber, wenn es wieder zurücktritt und sie jagen die mit dem Meer fliehenden Fische bei ihren Hütten. Vieh zu halten, gelingt ihnen nicht, sich von Milch zu ernähren wie ihre
Nachbarn, nicht einmal mit den wilden Tieren zu kämpfen, weil in der ferneren Umgebung (der Hügel) jeder Strauch fehlt. Aus Sumpfgras und Binsen flechten sie Seile, um Netze zu knüpfen zum
Fischfang, und indem sie den mit der Hand gesammelten Lehm mehr durch Wind als durch Sonne trocknen, erwärmen sie durch diese Erde ihre Speisen und die vom Nordwind erstarrten Gedärme. Sie
trinken nur Regenwasser, das auf dem Vorplatz des Hauses in Gruben aufbewahrt wird. Und diese Menschen behaupten, Sklaven zu werden, wenn sie heute vom römischen Volk besiegt würden! So ist es in
der Tat: Viele straft das Schicksal geringer."
Plinius Secundus, Naturalis historiae, Buch 16, Kap. 1, zwischen 40 und 79 n.Chr.)
Der englische Franziskaner Bartholomaeus Anglicus schrieb gegen 1240 über die Friesen:
"Friesland ist eine Gegend in Niederdeutschland, die an der Meeresküste gelegen, sehr langgestreckt ist, an der Rheinmündung anfängt und an der Ostsee aufhört. Seine Einwohner werden von den
Deutschen Friesen genannt und unterscheiden sich in Aussehen und Lebensweise sehr stark von den Deutschen, denn die Männer haben fast alle im Haar eine Tonsur, da sie es für sehr ruhmreich
halten, desto höher im Kreis geschert zu sein, je vornehmer sie sind. Es ist aber ein Stamm mit starken Kräften, schlankem Körper, strengem und wildem Sinn, beweglichem Körper, der eiserne Speere
statt Pfeile verwendet. Es ist ein flaches Land, weide-, sumpf - und grasreich, das waldarm ist. Als Feuerung gebraucht man oft erdpechhaltige Rasenstücke (die in den Mooren gegraben werden) oder
getrocknete Kuhfladen. Der Stamm ist nach außen frei, keinem anderen Herrn unterworfen. Für die Freiheit gehen sie in den Tod und wählen lieber den Tod, als daß sie sich mit dem Joch der
Knechtschaft belasten ließen. Daher haben sie die militärischen Würden abgeschafft und dulden nicht, daß einige unter ihnen sich mit einem militärischen Rang hervorheben. Sie Unterstehen jedoch
Richtern, die sie jährlich aus der Mitte wählen, die das Staatswesen unter ihnen ordnen und regeln.Sie eifern für die Keuschheit, bestrafen jede Unzucht streng und halten ihre Söhne und Töchter
fast bis zum Ende der Jugend keusch, woraus sich ergibt, daß, wenn ihnen Nachkommen zur Zeit ihrer Hochzeit gegeben sind, sie vollkommen gesunde und kräftige Kinder bekommen."
W..E. Schönbach: Des Bartholomaeus Anglicus Beschreibung Deutschlands gegen 1240 (MIÖG 27, 1906, S. 72), Kap. 61 De Frisia.
Enea Silvio Piccolomini schrieb im späten Mittelalter: „Das Volk ist tapfer und in den Waffen geübt. Die Menschen sind kräftig und von hohem Wuchs. Furchtlos und unerschrocken verherrlichen sie
die Freiheit (...). Die wirkliche friesische Freiheit ist: Nach eigenen Gewohnheiten leben, keinem Auswärtigen (Herren) gehorchen und selbst niemanden zu beherrschen trachten. Angegriffen wird
der Friese für die Freiheit in den Tod gehen."
Enea Silvio Piccolomini, Europa u. seine derzeitige Geschichte (1450-1460), Kap. 35.
Das Urteil über die Friesen als einem sehr wehrhaften Stamm pflanzte sich fort:
„(...) mit Totschlagen schnell bei der Hand; denn leicht durchbohrt er einen, wenn er gereizt ist, und bringt dem Getöteten das Totenopfer durch eine einzige Münze dar, die er auf den Leichnam
wirft. (...) Die Frauen tragen kurze Kleidung, die kaum bis zu den Knien herabwallt; sie ist aber kostbar geschmückt mit Edelsteinen wie auch mit Gold."
Johannes Cochlaeus, Kurze Beschreibung Deutschlands (1512), Kap. VIII. 14.
„Dieses starke, vierschrötige und schnellfüßige Volk benutzt im Kampf eiserne Lanzen, die Männer tragen ihr Haar kurz und rund geschnitten. Sie rühmen sich, dass sie freier seien als die
Schweizer."
Sebastian Franck, Weltbuch (1542), Blatt 28.
„Das Volk in diesem Land ist ganz grob, unbürgerlich, und betreibt kaum Geschäfte mit Auswärtigen. Sie bleiben bei ihren groben Sitten, und scheren sich nicht um andere Leute."
Sebastian Münster, Cosmographia, 1544, S. 491 Friessland.
Die Friesische Freiheit ist keine Konstante der friesischen Geschichte des Mittelalters, sie ist ein Bestandteil der geschichtlichen Entwicklung und tritt stets mit anderem Gesicht auf. Im
Gegensatz zu den verliehenen Freiheiten (Privilegien) begegnet sie uns nur im Singular – sie ist ein den Friesen von Geburt her zustehendes, so genanntes personales Recht. Allerdings beschränkt
sie sich, der zeitgenössischen Auffassung entsprechend, auf die Freiheit der Haus- und Hofbesitzer, die Hausherren. Sie wird für uns fassbar in den ersten friesischen Rechtsaufzeichnungen, den
aus dem Ende des 11. Jahrhunderts stammenden 17 Küren, in einer Zeit, in der sich die Friesen ihrer Besonderheit
durchaus schon bewusst waren. Charakteristisch für die weitere friesische Entwicklung ist die umfangreiche Produktion von volkssprachlichen Rechtstexten, Erzählungen, Versdichtungen, Chroniken,
gefälschten Urkunden u. a., mit der die Friesen ihre „Sonderrolle“ betonten. Eine zentrale Bedeutung übernahm dabei die Rückbindung und Legitimation der friesischen autonomen Freiheitsentwicklung
an den „fernen König“, Karl den Großen, das Inbild des gerechten Königs im Mittelalter. Seine Autorität war zusätzlich zur Kampfkraft friesischer Krieger ein schlagendes Argument gegen
diejenigen Machthaber, die versuchten, Herrschaftsrechte in Friesland geltend zu machen.
Rechtssage vom Ursprung der Friesischen Freiheit.